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Die Sache mit den (Un-) Verträglichkeiten – und was Darmbakterien damit zu tun haben (Mikrobiom)

Aktualisiert: 12. Jan.



In diesem Artikel lernst du, ...




Die Zeit wird kommen, da werden Hipstercafés in Friedrichshain, Kreuzberg und überall sonst auf der Welt ihre Waren auf "Krankheitsbilder" wie SIBO, FODMAP, Leaky-Gut,… ausrichten müssen, um weiterhin neu und progressiv zu sein.


Denn die Speisekarten und Auslagen mit gluten- und laktosefreien Artikeln, für die jene Etablissements einst die Vorreiter waren, sind heute im Mainstream angekommen.


Eine traurige Entwicklung, denn eine Verfügbarkeit dieser Artikel bis in die weitesten Ecken der Nation gibt einen Hinweis darauf, wie viele Menschen mittlerweile mit Lebensmittelunverträglichkeiten und -sensitivitäten kämpfen.


Auch das vermehrte Auftreten von Problemen mit dem Verdauungstrakt, wie die eingangs Erwähnten – streng genommen sind natürlich nicht alle echte "Krankheitsbilder" – ist Ausdruck dieser Entwicklung.


In einer Zeit, in der immer mehr Menschen, immer weniger Lebensmittel beschwerdefrei vertragen, lautet die brennende Frage deshalb: "Wie kann sich der/die Einzelne dieser Entwicklung entgegenstellen?"


Pro-Tipp: Bevor du deine Verträglichkeiten trainierst, solltest du gemeinsam mit deinem Arzt ausschließen, dass nicht Konstipation oder Diarrhö deine Probleme verursachen. Die Symptome sind nicht immer so offensichtlich, wie wir glauben. Auch die Bristol-Stuhlformen-Skala gibt darüber Aufschluss.


Aufbau des Darms


Die Antwort auf diese Frage finden wir dort, wo alles anfängt: Im Inneren unseres Körpers.


Genauer in unserem Verdauungstrakt. Denn nur wenn wir seinen Aufbau und Funktion verstehen, können wir auch gute Entscheidungen für ihn treffen.


Unser Dünndarm und Dickdarm könnten auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher aussehen. Die Oberflächen von Erstem hat viele kleine Zoten – etwa wie die Fasern eines Frotteewaschlappens, während sie bei Zweitgenannten eher glatt ist. Und dennoch haben die Beiden eine entscheidende Gemeinsamkeit.

Darmzellen absorbieren Nährstoffe aus dem Speisebrei
Mikrovilli (Ausstülpungen) im Dünndarm bei der Aufnahme von Stoffen

Die äußerste Schicht besteht aus einer einzigen Lage Darmzellen, den sogenannten Enterozyten. Diese feine Zellschicht ist die einzige Barriere, die dein letztes Falafel-Sandwich von deinem Körperinneren trennt.


Zusammengehalten wird sie von engen Verbindungen – sogenannte "Tight Junctions" – mit feinen Öffnungen, durch die die Nährstoffe aus Kichererbse und Petersilie in die Blutbahn gelangen können.


Für potenziell gefährliche blinde Passagiere auf deinem Falafelsandwich – Bakterien, Viren, Umweltgifte, … – sind die Öffnungen zu eng. Du kannst dir das Ganze wie einen Teebeutel vorstellen, dessen Gewebe zwar das Aroma durchlässt, Stöckchen und Blätter aber zurück hält.


Erhöhte Durchlässigkeit der engen Verbindungen


Sind die Verbindungen aus irgendeinem Grund nicht mehr eng genug, gelangen unerwünschte Fremdstoffe ins Körperinnere. Unser Immunsystem erkennt sie und leitet Gegenmaßnahmen ein.


Diese Maßnahmen sind in der Regel körperweite Entzündungen und sie führen unter anderem zu Bauchschmerzen, Verstopfung oder Diarrhö, Blähungen, Krämpfen, Abgeschlagenheit, Kopfweh, Erkrankungen der Haut und Gelenkschmerzen.

Normale und durchlässige Tight junctions zwischen Darmzellen sorgen für Unverträglichkeit
Sind die "Tight-Junctions" nicht mehr eng genug, gelangen unerwünschte Fremdstoffe ins Körperinnere.

Auch Autoimmun-Krankheiten und Lebensmittelallergien stehen mit der erhöhten Durchlässigkeit des Darms in Verbindung.


Der Darm als eigene Biosphäre


Aus unserer Perspektive auf die Welt ist der Darm nur ein Teil des größeren Systems, das unseren Körper bildet. Dabei ist er jedoch auch ein eigenes Ökosystem, also die ganze Welt für Milliarden von Lebensformen, die ihn besiedeln.


Auch diesen Aspekt haben Dünn- und Dickdarm gemeinsam. Aber auch hier unterscheiden sie sich wiederum in den Details. Denn auch wenn beide von Mikroorganismen bevölkert sind befindet sich im Dickdarm eindeutig die Metropolregion der Community.


Diese Gemeinschaft von Mikroorganismen – samt ihrem genetischen Material – bildet unser Mikrobiom.


Aufgaben des Mikrobioms


Es überrascht dich vermutlich nicht, dass in unserem Inneren keine ganze Welt existieren kann, ohne dass sie ihre Umwelt – sprich: uns – beeinflusst. Ganz im Gegenteil sind "gute" (probiotische) Bakterien keine blinden Passagiere, sondern erfüllen wichtige Aufgaben.


Als Teil unseres Verdauungstrakts nutzen wir ihre Dienste, um bestimmte Pflanzen zu verdauen, für die uns selbst die Enzyme fehlen. Davon konnte der Mensch im Zuge der Evolution enorm profitieren. Denn wer sich für die Verdauung jeder erdenklichen Pflanzenvariante einen Dienstleister besorgen kann, muss nicht selbst die Fähigkeit – sprich: Enzyme – dafür besitzen.


Das mögliche Nahrungsangebot wird größer und die Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Umweltfaktoren, wie den Wechsel der Jahreszeiten, verbessert sich.


Die probiotischen Bakterien verstoffwechseln also Nahrung für uns. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren – "short chain fatty acids", kurz: SCFAs – die im Anschluss von unsere Darmzellen absorbiert werden.


Diese SCFAs liefern nicht nur Energie. Sie halten den Körper gesund und unterstützen seine Heilung. Unter anderem, indem sie die engen Verbindungen der Darmzellen in Takt halten.


Alles eine Frage der Balance


Wenn "schlechte" – der Gesundheit abträgliche – Bakterienstämme die Vorherrschaft im Darm übernehmen, gerät das Mikrobiom aus seiner empfindlichen Balance. Unsere schützenden Freunde geraten ins Hintertreffen und ihrer Aufgaben bleiben liegen.


Die Folgen eines gestörten Mikrobioms können sein:

  • Nahrung wird schlechter verwertet, bleibt länger im Verdauungstrakt und bietet Pathogenen einen Nährboden

  • Im Stoffwechsel der nun dominanten Bakterienstämme entstehen potenziell toxische Endprodukte

  • Die "Tight Junctions" werden durchlässiger

  • Das Immunsystem löst Entzündungsreaktionen aus

Pro-Tipp: Die Proteine Zonulin und Occludin können ein Marker für die Durchlässigkeit der "Tight Junctions" sein. Inwieweit eine Untersuchung für dich sinnvoll ist, weiß deine behandelnde Gesundheitsfachkraft.


Was stört die Balance?


Diverse Faktoren haben die Macht, das Gleichgewicht deines Mikrobioms zu stören. Sie alle sind jedoch beeinflussbar. Und zwar durch unseren Lebensstil.


ballaststoffe in vollwertigen pflanzlichen Lebensmittel sind die Nahrung für vorteilhafte Bakterien im Dickdarm
Was essen bei Blähungen? Was bei Verstopfung? Ballaststoffe dienen schützenden Darmbakterien als Nahrung. Sie zu streichen ist deshalb nicht sinnvoll. Stattdessen mit einer geringen Zufuhrmenge starten und langsam steigern.

Ernährung


Was wir essen, das isst auch unser Mikrobiom. Schützende Darmbakterien ernähren sich von Ballaststoffen. Bei geringer und nicht abwechslungsreicher Ballaststoffzufuhr verhungern sie.


Verarbeitete Lebensmittel, reich an gesättigten Fettsäuren, Einfachzucker und mit hoher glykämischer Last, sind

entzündungsfördernd.


Gleiches gilt für ein Übermaß an Milch, Protein tierischen Ursprungs und Gluten. Essen wir viele Lebensmittel, die diese Stoffe enthalten, gedeihen "schlechte" Bakterienstämme.


Einer dieser Stämme sind die "Fäulnisbakterien". Sie erzeugen Schwefelwasserstoff, der wiederum die äußere Schicht der Darmzellen angreift und erfüllen.


Vor allem verdrängen sie aber die "Guten" und mit ihnen ihre gesundheitsförderlichen Funktionen.

Pro-Tipp: Beim "Irritable Bowel Syndrome" (kurz IBS, auf deutsch eine Kombination von regelmäßigem Sodbrennen, Reizmagen und dem Reizdarmsyndrom) ist es wichtig, zuerst zum Beispiel mithilfe von Entspannungstechniken den Verdauungstrakt zu beruhigen, bevor die Zufuhrmenge von Ballaststoffen langsam erhöht werden kann.


Alkohol


Auch Alkohol wirkt negativ auf die Balance unseres Verdauungssystems. Denn er erhöht unmittelbar die Durchlässigkeit zwischen den Darmzellen.


Zudem priorisiert unser Verdauungstrakt immer den Abbau des giftigen Alkohols, was die Transitzeit des Speisebreis verlängert. Selten oder gar nicht trinken schützt unseren Verdauungstrakt vor den direkten und indirekten Effekten des Alkoholkonsums.


Medikamente


Die Wirkstoffe in Schmerztabletten vom Typ Aspirin und Ibuprofen beschädigen ebenfalls die "Tight Junctions" im Darm. Die zeitgleiche Einnahme eines Vitamin C-Supplements oder starke körperliche Anstrengung verstärken die Effekte zusätzlich.


Schmerztabletten des Typs Paracetamol haben keine derartigen Auswirkungen auf den Darm, kommen aber mit ihren eigenen Risiken und Nebenwirkungen. Besser auf die schmerzlindernden Eigenschaften von Ingwer zurückgreifen.


Dass Antibiotika das empfindliche Gleichgewicht unseres Mikrobioms stören, dürfte niemanden überraschen. Wie bei einer Atombombe, die weder Gut noch Böse kennt, radieren sie einen Großteil der Bakterienstämme aus.


Antibiotikaresistente Stämme bilden dann die Basis für den Wiederaufbau des Mikrobioms. Auch wenn es sich wieder erholen kann, ist die Zusammensetzung des Mikrobioms danach anders und es findet auch nicht immer zu seiner kompletten Vielfalt zurück. Deshalb mit Bedacht nutzen.


Andere Umwelteinflüsse


Mittlerweile ist bekannt, dass Empfindungen wie Stress und Angst ebenfalls Einfluss auf Verdauung, Verträglichkeit und die Gesundheit unseres Darms haben. Denn Kontraktion der Darmmuskeln, Durchblutung der Magenschleimhaut und Sekretion von Magensaft hängen eng mit unserer mentalen Befindlichkeit zusammen.


Bei einem hohen Cortisolspiegel – Cortisol wird bei Stress ausgeschüttet – werden zudem die engen Verbindungen der Darmzellen durchlässiger.


Mit Sport und Bewegung bauen wir Stress ab und außerdem passiert der Speisebrei den Verdauungstrakt schneller. So bleibt Fäulnisbakterien weniger Zeit, ihr Werk zu vollbringen.


Zwischen den Mahlzeiten, also wenn gerade keine neue Nahrung in denVerdauungstrakt gelangt, "zurren" sich die "Tight Junctions" wieder eng zusammen. Ständiges Essen hindert sie daran. Zeitbegrenztes Essen – oder intermittierendes Fasten – kann ihnen helfen.


Ähnliche verhält es sich mit späten Mahlzeiten. Liegen nicht mindestens zwei Stunden zwischen letztem Happen und Zubettgehen, gerät der Verdauungstrakt in Zeitnot. Essen wird nicht vollständig verdaut und der nächtlichen "Wartungsmodus" kann nicht eingeleitet werden.


Wie wir schlafen beeinflusst natürlich nicht nur den Verdauungstrakt. Mit einer guten "Schlafhygiene" setzen wir vielmehr einen Grundpfeiler für unsere psychische und körperliche Gesundheit im Allgemeinen.


Gute Verträglichkeit und ein gesunder Darm haben viele Facetten und sind somit das Ergebnis unseres kompletten Lebensstils.


Es liegt in unserer Hand – Was wir tun können:


Neben Schlaf ist Ernährung ein weiterer Grundpfeiler. Vielleicht sogar der wichtigste.


Schließlich streben wir nach einem Mikrobiom, in dem die probiotischen Bakterienstämme florieren und wir bereits wissen, ernähren sich die "Guten" von Ballaststoffen.


Eine ballaststoffreiche Ernährung ist somit der Schlüssel zu mehr Gesundheit und Verträglichkeit im Darm. Denn unser Mikrobiom isst, was wir essen.


Was sind Ballaststoffe?


Was ist das für ein Stoff, mit dem unsere kleinen Helfer eine ausgelassenere Party feiern, als die Einwohner Rio de Janeiros an Karneval?


Ballaststoffe sind Kohlenhydrate, die eine komplexer Struktur aufweisen. Anders als "einfachere" Kohlenhydrate wie Zucker, kann sie der menschliche Körper nicht verwerten. Unterteilt werden die Ballaststoffe in drei Hauptgruppen.


Die Gruppe der löslichen Ballaststoffe sind das Futter für Bakterien. Zu finden sind sie zum Beispiel in Obst, Gemüse, Haferkleie, Gerste, Lein- und Flohsamenschalen*, Hülsenfrüchten, Sojaprodukten,… Um auf ihrer Reise gut durch unseren Verdauungstrakt zu gleiten, lösen sie sich in Wasser zu einem "Gel".


Unlösliche Ballaststoffe begegnen uns unter anderem als die harten Teile in Obst- und Gemüseschalen. Wir finden sie aber auch in Weizen-, Mais- und Reiskleie und deren volles Korn, in Nüsse und Samen, Hülsenfrüchten,… Auch sie werden nicht oder kaum verstoffwechselt. Im Gegensatz zur ersten Gruppe lösen sich unlösliche Ballaststoffe nicht in Wasser, sondern binden es lediglich. So beschleunigen sie die Durchlaufzeit des Speisebreis und vermehren die Stuhlmenge.


Resistente Stärke – zu finden in unreifen Bananen, Vollkorn, Kartoffeln, Linsen, … – ist der dritte Typ im Bunde. Ähnlich der löslichen Ballaststoffe, erreicht auch resistente Stärke, vom Dünndarm unberührt, den Dickdarm und dient dort ansässigen Bakterien als Nahrung.


Pro-Tipp: Aufgrund ihrer wasserziehenden und quellenden Eigenschaft helfen Ballaststoffe sowohl bei Verstopfung, als auch bei Diarrhöe.


Wie viele Ballaststoffe brauchen wir?


Jetzt wissen wir was Ballaststoffe sind. Aber woher bekommen wir sie? Und wieviele brauchen wir?

Beginnen wir mit der zweiten Frage, denn sie ist schnell beantwortet: So viele wie möglich, aber bitte nicht alle auf einmal.

Offizielle Empfehlungen – in unserem Fall die DGE – sprechen von 30-45 Gramm am Tag. Umgelegt auf die Gesamtkalorienzufuhr sind das grob 10-15 Gramm Ballaststoffe je aufgenommene 1000 Kilokalorien.


Diese Menge erreichen jedoch die wenigsten Menschen in westlichen wie verwestlichten Kulturkreisen. Das ist durchaus ein Grund zur Sorge, denn wie folgenschwer ein "Ballaststoffmangel" sein kann, konnten wir bereits weiter oben sehen.


Zudem verdichten sich die Hinweise, dass 30-45 Gramm nur die Mindestmenge darstellen. Betrachtet man die heutige ballaststoffarme Ernährung beispielsweise im Kontext der menschlichen Evolution, ist sie ein brandneues Phänomen. Denn nahezu während der kompletten Entwicklung seiner Physiologie nahm der Mensch 100 Gramm Ballaststoffe und mehr am Tag zu sich.


Übung macht den Meister


Wir brauchen also möglichst viele Ballaststoffe. Aber warum nicht alle auf einmal?


Unser Verdauungstrakt ist ein bisschen wie ein Fitnessstudio. Ballaststoffe sind die Gewichte und das Mikrobiom unsere wachsenden Muskeln.


Zur Verdeutlichung: Niemand meldet sich im Fitnessstudio an, betritt zum ersten Mal die Trainingsfläche und erwartet sofort Hanteln, so schwer wie ein Kleinwagen, durch die Luft zu werfen.


Einen guter Trainingsplan sieht stattdessen vor, leicht anzufangen und sich sukzessive mit Gewicht und Wiederholungen nach oben zu arbeiten.


Und genauso lässt sich auch die Verträglichkeit von Bohnen und Linsen – bei manchen auch Nüsse und Vollkorngetreide – trainieren.


Deshalb:

1. klein anfangen (1 Löffel/Tag) und langsam erhöhen
2. parallel die Wasserzufuhr steigern
3. nach 2-3 Wochen wird es einfacher, dann nicht nachlassen und weiter aufbauen

Schließlich erhöht – wie im Fitnessstudio – auch beim Training deines Mikrobioms ein konkretes Ziel deine Erfolgsaussichten. Ein solches könnte lauten: "In sechs Monaten werde ich eine Portion Vollkorn und Hülsenfrüchte zu jeder Mahlzeit vertragen".


Exkurs: FODMAPs – Wenn Ballaststoffe Probleme machen


FODMAP ist ein Acronym für "fermentierbare Oligosaccharide (Fruktane, Galaktane), Disaccharide (Laktose), Monosaccharide (Fruktose) und Polyole (Zuckeralkohole)".


Der Begriff fasst also bestimmte Gruppen von Ballaststoffen zusammen, die fermentiert – sprich: von den Bakterien im Darm verstoffwechselt – werden. In manchen Menschen löst das die charakteristischen Symptome aus, zu denen Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall gehören.


FODMAPs sind in unserer Nahrung allgegenwärtig. Die gesündesten Lebensmittel überhaupt sind voller FODMAPs. Sie zu meiden ist daher nahezu unmöglich und vor allem wollen wir das auch gar nicht, da wir ja bereits wissen, wie wichtig alle Ballaststoffe für das Gleichgewicht in unserem Darm sind.


Darum – und weil hinsichtlich problematischer FODMAP-Kategorien kein Mensch dem anderen gleicht – liegt die einzige gangbare Alternative darin, die individuellen Grenzen auszuloten und FODMAPs bewusst zu konsumieren.


Dieses Prinzip nutzen auch FODMAP-Eliminations-Diäten. Hierbei identifiziert man unter Aufsicht einer geschulten Fachkraft seine Trigger-Foods – meist mithilfe eines Lebensmitteltagebuchs – und verbannt sie zwischen zwei und sechs Wochen vollständig vom Teller.


Dann werden sie systematisch – FODMAP für FODMAP – und schön langsam wieder eingeführt. Dabei wird das Augenmerk auf die Reaktion des Körpers gelegt.

Die Methoden für bessere Verträglichkeit, die du weiter unten findest, können ebenfalls im Umgang mit FODMAPs helfen.


Bevor wir uns der Antwort auf die Frage widmen, woher wir am besten unsere Ballaststoffe beziehen, an dieser Stelle nochmal der wichtige Hinweis, dass es sich hierbei um allgemeine Informationen handelt, die keine individuelle Beratung ersetzen.


Da auch ein als gesundheitsförderlich deklariertes Lebensmittel für dich persönlich problematisch sein kann, solltest du immer deine individuellen Verträglichkeiten berücksichtigen und bei Erkrankungen eine medizinische Fachkraft zu Rate ziehen.


Was heißt das für meine Lebensmittelauswahl?


Für bestimmte Pflanzen (-stoffen) konnte eine präbiotische Wirkung nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass diese Lebensmittel – in etwas wie ein Supplement – gezielt einzelne gesundheitsförderliche Bakterienstämme anfüttern. Zu dieser Gruppe zählen Floh-, Chia- und Leinsamen, Trockenfrüchte wie Feigen, Weizendextrin, Akazienfasern,…


Nahrungsergänzungsmittel können unterstützen. Im direkten Vergleich mit den Tonnen an Nahrung, die wir Jahr für Jahr zu uns nehmen, ist ihr Einfluß auf unser Mikrobiom aber gering. Enthalten wir den probiotischen Bakterien ihre Ballaststoffe vor und füttern stattdessen Fäulnisbakterien, hilft auch ein Supplement nicht.


Wie selten sind sich Forscher*innen darüber einig, dass nichts anderes derart die Gesundheit unseres Mikrobioms beeinflusst, wie die Vielfalt der Pflanzen in unserer Ernährung. Oder in anderen Worten je mehr Gemüse, Obst, Bohnen, Reis, Haferflocken,… desto besser!


Mit diesem Wissen lautet unsere Aufgaben deshalb, möglichst viele der folgenden präbiotischen Lebensmittel, möglichst häufig auf unseren Speiseplan zu setzen:

  • fermentierte Lebensmittel: Sauerkraut, Kimchi, Kombucha, Tempeh, Miso, Sauerteigbrot (optimal sind bis zu drei kleinere Portionen täglich)

  • "intaktes" Korn, Hülsenfrüchte, Nüsse: die intakte Struktur ist wichtig, damit die Stärke auch wirklich bis zur Bakterien-Metropole durch kommt und nicht bereits im Dünndarm verdaut wird

  • Kartoffeln: für resistente Stärke

  • Obst: Apfel, Beeren,… optimal mit Schale

  • Gemüse: dunkles Blattgemüse, Kohl, Sprossen, Knoblauch, Zwiebeln,…

  • Gewürze: Kakao, Zimt, Kardamom, Ingwer, Kurkuma, Kümmel,…

  • Kräuter: Oregano, Basilikum,…frisch, gefroren, getrocknet

Bestimmte pflanzliche Lebensmittel haben zudem heilende Eigenschaften, die – in Rücksprache mit einer medizinischen Fachkraft – eine Therapie ergänzen können:

  • eine Verbindung in gewöhnlichem Knoblauch fördert "gute" Bifidobakterien und hilft dabei, "schlechte" Bakterien, sowie Candida zu bekämpfen. Damit das sogenannte Allicin seine Wirkung optimal entfaltet, Knoblauch erst hacken und dann zehn Minuten lang ruhen lassen, bevor du ihn weiterverarbeitest.

  • Aloe Vera wirkt entzündungshemmend und fördert die Verdauung.

  • auch Kurkuma wirkt entzündungshemmend. Zudem schützt es die engen Verbindungen der Darmzellen vor den Nebenwirkungen von Aspirin und Ibuprofen.

  • die Verbindung Sulforaphan in Brokkoli(-sprossen) schützt ebenfalls die engen Verbindungen der Darmzellen.

  • Ähnliches konnte für Zink z.B. aus Linsen beobachtet werden.


Erste Hilfe bei akuter Reizung


Akute Probleme – zum Beispiel als Folge eines feucht-fröhlichen Familientreffens oder einer Magenverstimmung auf einer Reise – müssen nicht unbedingt Symptome einer Unverträglichkeit oder sonstigen Krankheit sein. Unterstützend wirken können dann:

  • fettarme Kost, z.B. gedämpfter Fenchel

  • pürierte Banane, geriebener Apfel

  • gekochte Haferflocken, Reis- oder Haferschleim, Kartoffelbrei

  • Gemüsebrühe und Tee z.B. Kamille, Pfefferminz, Fenchel


Lebensmittel auf verträglich trimmen


Aber machen wir uns nichts vor. Auch wenn weder eine Reizung noch eine Erkrankung vorliegt und die Ballaststoffzufuhr äußerst behutsam angehoben wird, kann unsere Verträglichkeit auf die Probe gestellt werden.


Schließlich bleibt kein Trainingsprogramm von Rückschlägen verschont. Das ist normal und kein Grund deine Fortschritte in Frage zu stellen.

Umso wichtiger also, dass wir auch bei Zubereitung und Aufnahme unserer Speisen unsere Verdauung unterstützen.


Folgende Tipps helfen dabei:

  • gut kauen

  • Gemüse: dampfgaren, grillen, fettarm braten und beim Essen mit Rohem beginnen und Gekochtem aufhören

  • Nüsse: fermentieren, einweichen, keimen

  • Samen: einweichen, sprießen. Außerdem sind Varianten mit dünner Schale leichter verdaubar

  • Hülsenfrüchte: getrocknete Bohnen mit Natron einweichen, Wasser mehrmals wechseln und nicht weiterverwenden und gut abspülen. Leichter verdaubar sind Linsen, grüne Erbsen, Tofu und ganz allgemein Bohnen aus der Dose (diese ebenfalls gut abspülen). Außerdem hilft sprießen und auch fermentierte Produkte, wie Tempeh, sind sanfter zum Bauch. In ganz schweren Fällen gibt ein Alpha-Galactosidase-Supplement Starthilfe


Der Schlüssel


Dieser Artikel soll nicht zur Diagnose oder Therapie von Krankheiten dienen. Ebenso wenig stellt er eine wissenschaftliche Arbeit dar.


Stattdessen hoffe ich damit ein grundlegendes Verständnis für Darm und Mikrobiom zu schaffen.


Und vor allem dafür, dass wir mit der goldenen Ernährungsregel, eine "möglichst große Bandbreite vollwertiger Pflanzen" in den Speiseplan zu integrieren, adäquatem Schlaf und Entspannung und regelmäßiger Bewegung – bevorzugt im Freien, wo auch mal die Hände dreckig werden – alle den Schlüssel zu einem gesunden Verdauungstrakt und Körper besitzen.


Für tiefergehende Informationen zu einem gesunden Mikrobiom – und Darm – empfehle ich dir das Buch "Fiber Fueled" von Will Bulsiewicz.


 

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Die Informationen und Empfehlungen auf dieser Seite ersetzen nicht die Diagnose und Behandlung von Krankheiten durch eine ausgebildete medizinische Fachkraft. Ebensowenig ersetzen sie eine professionelle Ernährungsberatung. Bei Vorerkrankungen unbedingt alle geplanten Änderungen an Ernährung und Lebensstil vorab mit der behandelnden medizinischen Fachkraft besprechen. 

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